Dr. Thomas Elsen Leiter des H2-Zentrum für Gegenwartskunst Augsburg: Das Mediale Bild ist längst zu einer primären Quelle der Weltaneignung geworden. Klassischen Zeitungsfotos wie Nachrichtenbildern steht die Ästhetik von Youtube- und Handyvideos gegenüber, Musik- und Werbeclips vermitteln schon lange ihre ganz eigenen Verkaufsbotschaft, die Bildsprache von Überwachsungskameras in Banken, Schalterhallen, öffentlichen Arealen und sogar in Museum gehört genauso zu unserm Bildrepertoire wie Superlowmotions von Sportübertragungen, die uns Tor oder nicht Tor, Foul oder nicht Foul, Arbeit oder nicht Arbeit vermitteln: Elektronische Bilder scheinen uns die Glaubwürdigkeit der Dinge und ihrer Zusammenhänge auf eine Weise näher zu bringen, die die direkte Wahrnehmung ihrer materiellen, physisch- tatsächlichen Wirklichkeit nicht mehr herzugeben scheint. Oder anders: Dem elektronischen Bild „glauben“ wir in vielen Situationen mehr, als wir unseren Augen trauen.

Leicht und schnell zugängliche Datenwege haben unsere Wahrnehmung, so scheint es, unmerklich und stärker zu prägen begonnen, als dies die vergleichsweise Mühseligkeit der realen Wahrnehmung tut. Und: Die medial für alle zugängliche Bilderwelt lässt sich nicht nur leichter manipulieren, sie lässt sich auch schnell und problemlos jederzeit wegklicken. Das ist praktisch. Und macht deutlich mehr Spaß, als das Aushalten einer Realität, auf deren Zustände man selbst ganz handfest und mit aller persönlichen Konsequenz zugreifen muss, um sie mit gestalten zu können.

Nicht wenige Künstler des Projekts „beLICHTet“ lassen sich auf diese Phänomene und den Zusammenhang der mit ihnen verbundenen Problematik ein, Vielleicht nicht in jedem Fall gleichermaßen beabsichtigt, dafür umso intuitiver, die eigene (mediale) Lebenswirklichkeit ästhetisch zitierend, oder manchmal auch einfach nur spielerisch die eigene Gegenwart kommentierend. Innerhalb des Spektrums elektronischer Medien, mit denen Künstler heute agieren, ist die digitale Fotografie zu einer Selbstverständlichkeit geworden, die neben dem analogen Foto steht wie das Aquarell neben dem Ölbild, Die künstlerische Botschaft, ob klassisch fotografiert, gefilmt oder computergeneriert, appelliert dabei an eine Sehgewohnheit, die derjenigen unseres Alltags entspricht. Auch deshalb ist ein umso genaueres Hinsehen und Beobachten notwendig, um die künstlerische Fotografie, das mediale Kunstwerk, seiner Intentionen und Bildbotschaften von der „objektiven“ Bildnachricht unterscheiden zu können.

beLICHTet

Die formale Interview-Situation Einer Fernseh-Reportage Greift Sylvia Gnatz in ihrer Videoarbeit mit Bild und Ton auf. Darin wird auf einen im Raum liegenden Würfel ein Video projiziert, in dem mehrere Weilbliche Personen Die Formel der Photosynthese vortragen und dies jeweils mit dem Begriff „Sie“ (der hier für Naturgewalt stehen soll) Verknüpfen.

Au im Bereich von in den Raum eingreifenden Installationen zeigen sich die Positionen vielfältig. Die Kombination eher klassischer bildhauerischer Formen mit nicht klassischen Materialen sowie dem Einsatz von Licht und Projektion lassen eine Klassifizierung durch Begriffe wie Skulptur, Installation oder Medienkunst kaum oder zumindest nicht mehr eindeutig zu. Und dies ist keineswegs ein Zeichen von Indifferenz der vertretenden künstlerischen Positionen als vielmehr der zunehmenden Schwierigkeit eines traditionellen begrifflichen Vokabulars, das nur noch mit Mühe der Transdisziplinart und Komplexität der Ausdrucksformen hinterher zu formulieren vermag.